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Lisa Hugger, Projektentwicklung und Projektsteuerung.

Zum Interview trafen wir uns am 10. August 2017 in Kürten.

 

 
 
Lisa Hugger

Sie sind Projektentwicklerin. Was genau sind die Aufgaben einer Projektentwicklerin?
Ich mache Projektentwicklung und Projektsteuerung. Das sind unterschiedliche Berufsbilder, die da zusammengeführt werden. Meine Projekte beziehen sich aufs gemeinschaftliche Wohnen und Leben, was immer auch mit Räumen zu tun hat, die baulich erstellt werden. Ich denke, dieser Beruf wird in Zukunft noch viel wichtiger werden, weil man branchenübergreifend denkt und arbeitet und Menschen und Themen zusammenbringt. Man muss bestimmte Dinge auf eine Kette wie auf eine Perlenschnur bringen, die an und für sich getrennt wären und sich so nicht finden würden.

Mussten Sie das für Ihre Arbeit mit WohnprojektGruppen selbst entwickeln?
Ja, das musste ich, orientiert an einigen Vorbildern aus den verschiedenen Bereichen.

Können Sie vielleicht mal darüber berichten, was da alles zusammenkommen muss?
Projektentwicklung im Bereich Gemeinschaftliches Wohnen setzt natürlich erst mal eine Idee voraus und Menschen, die gemeinsam ihre zukünftigen Lebensräume planen. Solche Akteure kommen dann auf mich zu, das sind Menschen, die angeregt wurden z.B. durch eine Sendung im Fernsehen oder ein Projekt, das sie besucht haben, oder die einen Vortrag gehört haben und als Kerngruppe ihr Projekt verwirklichen wollen.
Manche haben beruflich mit Menschen mit Behinderung zu tun, oder es geht um andere Wohnformen im Alter. Oft bringen sie schon ein gewisses Know-how aus ihren Bereichen mit. Diese Akteure brauchen dann andere Menschen, die ihre Idee mit ihnen zusammen umsetzen möchten, und Hilfe, die Idee zu konkretisieren.
Sie brauchen Fachinformationen: Was gibt es bereits in dem Bereich? Wie organisiert man sich, und wie strukturiert man so ein Projekt? Ein weiteres ganz großes Thema: Wo kommt das Geld her? Wie finanziert man das? Was ist das für eine Größenordnung? Wir haben bei diesen Gemeinschaftsprojekten immer mehrere Millionen, wenn wir von Baukosten sprechen. Das sind Dimensionen, die das Alltagsbewusstsein der meisten Menschen übersteigen. Die Finanzierung ist deshalb ein großes Feld.
Dann die Frage nach der Rechtsform, die Vertragsebene und die Vereinbarungen, die getroffen werden: Wie schließen wir uns zusammen? Da braucht es viel Erfahrungswissen darüber, was möglich ist, bevor ein Rechtsanwalt oder ein Notar zur konkreten Vertragsgestaltung hinzugezogen wird.

Zu den einzelnen Punkten, die Sie erwähnen, findet man ja immer mehr Information im Internet. Ganz im Gegensatz zu früher, wo das alles noch nicht zusammengetragen worden war.
Da hat sich viel getan in den letzen Jahren.
Und dann die großen Themen: Grundstück, Standort, Planung. Wie soll das konkret aussehen?
Das sind die Bereiche der Projektentwicklung: Die Idee, Konzeption, die interne Organisation und Strukturierung, die Finanzierung, die Vereinbarungen und die Vertragsebene und dann der Standort und die Planung.


Als Projektsteuerin gebe ich den Fahrplan vor, bringe die Dinge auf den Weg und muss den Gruppen genug Zeit geben, um die internen Prozesse zu machen.

 

Sind Sie auch bei der Grundstückssuche aktiv?
War ich in der Vergangenheit teilweise sehr stark. In letzter Zeit kommen häufiger Gruppen auf mich zu, die bereits ein Grundstück gefunden haben oder die sich für ein ausgeschriebenes Grundstück bewerben wollen.

Das heißt, es kann bei einem Wettbewerb ein Pluspunkt sein, wenn die Projektsteuerung gesichert ist.
Ja, teilweise ist es auch Voraussetzung.

Würden Sie bitte mal beschreiben, was Projektsteuerung ist?
Wenn ein Projekt entwickelt ist, das heißt: die Idee ist da, ein Grundstück ist da, die Finanzierung ist geklärt, die Rechtsform und die vertragliche Verbindung, das Konzept sowieso, und die Planung in den Grundzügen steht, braucht man einen Zeit- und Maßnahmenplan über den Gesamtprozess. Neben der eigentlichen Bautätigkeit, den Architekt, bzw. Bauleiter verantworten, werden alle anderen Rahmenbedingungen projektiert. Dazu gehört u.a. die Finanzierungskomponente, d.h. die Planung des Geldbedarfs, des Geldabrufs, der Verfügbarkeit und die Vorlage von entsprechenden Nachweisen. Hier ist die Projektsteuerung in Zusammenarbeit mit den Architekten und Bauleitern gefragt, die Abläufe in Absprache mit den finanzierenden Banken und sonstigen Geldgebern und den Bauherren zu koordinieren und abzustimmen.
Neben der Abstimmung mit externen Partnern ist bei gemeinschaftlichen Projekten der Bereich der internen Entscheidungsfindungen sehr wesentlich. Ich muss also auch planen, wann welche Entscheidung dran ist. Als Projektsteuerin gebe ich den Fahrplan vor, bringe die Dinge auf den Weg und muss den Gruppen genug Zeit geben, um die internen Prozesse zu machen.
Die Prozesse werden dokumentiert in einem Projektcontrolling, bezogen auf die Zeit- und Maßnahmenschiene und parallel auf der finanziellen Schiene in einem Finanzcontrolling. Also: Dokumentieren, wie die Ausgaben sind… ist das Projekt im Plan? Wie haben sich die Kosten entwickelt? Müssen Kostensteuerungsmaßnahmen ergriffen werden?
Projekte haben ein bestimmtes Budget und/oder die einzelnen Beteiligten haben ihre jeweils eigene Finanzierung. Die bin ich gehalten einzuhalten und beizeiten Maßnahmen einzuleiten, wenn ich sehe, dass etwas aus dem Ruder läuft.

Sind Sie Betriebswirtin?
Nein, ich bin Diplom Sozialwissenschaftlerin und habe das finanzielle Projektcontrolling zunächst immer extern vergeben. Dann hat mein Mann diesen Bereich für meine Projekte bearbeitet. Er ist Wirtschaftsinformatiker und Bilanzbuchhalter. Mit den Jahren ist daraus ein umfangreiches projektbezogenes Finanzcontrolling entstanden, das den Anforderungen der Banken und Geldgeber entspricht und an einigen Stellen deutlich darüber hinaus geht. In meiner Berufstätigkeit habe ich bestimmte Eigenkontrollmaßnahmen entwickelt, in der Zusammenarbeit mit den Banken, aber auch für mich in der Projektsteuerung. Zum Beispiel fangen wir generell nicht an zu bauen, bevor nicht Zweidrittel der gesamten Baumaßnahme ausgeschrieben ist und wir wirklich die Preise am Markt abgefragt haben.
Das ist jetzt ein Beispiel für eine Eigenkontrollmaßnahme, die mittlerweile die NRW Bank in ihre Auflagen übernommen hat, das heißt, die geförderten Projekte kriegen jetzt dieAuflage von der NRW Bank, dass sie 70 Prozent ausgeschrieben haben müssen, bevor die erste Auszahlung erfolgt.

Ich möchte nochmal nachfragen: „70 Prozent ausgeschrieben“ heißt, dass 70 Prozent der am Bau beteiligten Gewerke ausgeschrieben sein müssen?
Genau. Das verhindert, dass man solche Überraschungen erlebt: Sie fangen an zu bauen und merken viel später, dass die Innenausbaugewerke, die ja auch viel später ausgeschrieben werden könnten und dies manchmal auch sinnvoll ist, weil sie erst nach einem halben Jahr zum Zuge kommen, mit den veranschlagten Kosten überhaupt nicht hinkommen. Wenn Sie das aber vorher wissen, können Sie insgesamt eine ganz andere Kostensteuerung machen, weil Sie über viel mehr Volumen verfügen können. Das ist der Sinn und Zweck davon.


Es gibt eigentlich keine Gruppe, in der keine Kompetenz ist. Aber es gibt Gruppen, die passiver sind oder sich viel stärker als Kunden verstehen als aktiv am Prozess Beteiligte.

 

Beim Zuhören wird mir klar, wie komplex das alles ist.
Ja, das ist es. Absolut. Es gibt natürlich in den Gruppen unglaublich viele Kompetenzen. Das ist richtig toll. Meistens gibt es Architekten oder Menschen, die mit Bauen zu tun haben. Oft sind auch kaufmännisch ausgebildete Menschen dabei, so dass man sich die Bälle sehr gut zuspielen kann. Das ist etwas, was mir sehr viel Spaß macht, mit solchen Menschen zusammenzuarbeiten. Sie könnten solch ein Projekt in dieser Komplexität nicht alleine auf die Beine stellen, aber sind im Ganzen wesentliche Räder und in ihren Bereichen ganz wesentliche Mitwirkende.

Ich bin beeindruckt. Ich selbst habe ja bisher noch nicht an einer erfolgreichen Realisierung teilgenommen und es ist interessant, das alles mal so genau zu hören. Was machen Sie, wenn Sie auf eine Gruppe treffen, in der keine oder kaum Kompetenzen, wie Sie sie erwähnt haben, vorhanden sind?
Es gibt eigentlich keine Gruppe, in der keine Kompetenz ist. Aber es gibt Gruppen, die passiver sind oder sich viel stärker als Kunden verstehen als aktiv am Prozess Beteiligte. Dann muss man das einfach klar benennen und bestimmte Arbeiten, die sonst in der Gruppe geleistet werden, extern vergeben, an mich oder an sonst jemanden, und dann muss das bezahlt werden.
Im Prinzip ist das Netzwerk vorhanden, das eine Gruppe braucht, wenn ein Architekt da ist und ein Bauleiter, oft sind es zwei verschiedene Büros oder Personen, aber manchmal fällt es zusammen. Wenn man gut mit der finanzierenden Bank zusammen arbeitet und wenn ein Projektsteuerer da ist, dann kann man alle Aufgaben in diesem Team leisten.

Nochmal… ich möchte es verstehen… es gibt das Grundstück, dann gibt es die Gruppe in der jeweiligen Rechtsform, aber es gibt auch die Gruppe mit den Menschen als soziales Gefüge, dann den Architekten, und bringt dann der Architekt den Bauleiter mit oder…
… es gibt Büros, die nur Entwürfe machen und es gibt reine Bauleitungsbüros.

Dann müsste sich also gegebenenfalls die Gruppe, also der Auftraggeber, darum kümmern, eine Bauleitung zu engagieren, und dann gibt es die Projektsteuerung, das könnten Sie sein, und dann gibt es die Bank, mit der zusammen gearbeitet wird. Das sind sozusagen die Hauptakteure.
Genau, das ist die Grundstruktur, die durchaus noch deutlich umfangreicher und ausdifferenzierter sein kann. Wenn eine Gruppe nicht die Möglichkeit hat, die Bauherrenvertretung von sich aus zu leisten, wird diese Aufgabe häufig an den Projektsteuerer abgegeben. Ich bin oft in Situationen, in denen ich die Bauherrenvertreterin bin. Manchmal explizit, manchmal weniger explizit. Manchmal nur punktuell, manchmal aber auch für eine gesamte Maßnahme, so dass ich auch diesen Job noch zusätzlich habe.

Das hört sich an, als wären Sie sehr flexibel und bereit, je nach Bedarf und Absprache, ganz unterschiedliche Rollen zu übernehmen.
Ja, das bin ich. Ich habe das alles so auch schon kennen gelernt, und in den Jahren, in denen ich Projektentwicklung und -steuerung mache, habe ich die unterschiedlichsten Konstellationen erlebt. Ich stelle auch fest, dass es, wie Sie schon sagten, eine Menge Literatur gibt, und inzwischen gibt es auch eine andere Klientel. In großstädtischen Projekten mit jungen Familien, sind oft Menschen in meinen Gruppen, die sind etwas älter als mein Sohn, der ist 25. Sie sind um die 30, stehen gerade im Beruf, haben oft kleine Kinder und haben in ihrer Ausbildung und im Beruf gelernt, sich im Internet Infos zu holen. Sie können meist projektorientiert arbeiten und wissen, wie solche Abläufe gehen.

Würden Sie sagen, dass es im Lauf der Zeit immer mehr Jüngere gibt, die gemeinschaftliche Wohnprojekte planen und umsetzen wollen?
Was großstädtische Baugruppenprojekte angeht, ja. Was das Mehrgenerationen-Wohnen angeht, das treibt die Altersklasse 60plus voran, um die Berentung, kurz davor oder danach, wo man die Perspektive aufmacht: Was mache ich die nächsten 20-30 Jahre?

Und was ich so mitbekomme, definieren sich die allermeisten von diesen Älteren als MehrgenerationenProjekt, wobei die Jüngeren anfangs nicht dabei sind und die Hoffnung ist, dass sie später dazukommen. Was ist Ihre Erfahrung: Kommen die Jüngeren wirklich später dazu?
Teilweise ja, teilweise auch nicht.

Haben Sie eine Idee, womit es zu tun hat, ob die Jüngeren kommen oder nicht?
Mit der Attraktivität des Projektes und den Menschen, die mitmachen.

Und was ist in dem Zusammenhang attraktiv?
Ich denke es ist die Ausstrahlung, die von der Gruppe ausgeht. Es ist sicher auch der Standort. Es ist die Art und Weise wie man baut. Vielleicht auch die Ideen, was angeboten werden soll. Wenn man ein, zwei Familien im Projekt hat, ziehen die andere Familien mit. Die Familien kennen sich oft über die Kita. Daraus bilden sich Bekanntschaften und Freundeskreise, wo man ähnliche Interessen hat.

 


Ich würde mal sagen: Geld kann man auftreiben… man kann vieles möglich machen… ich habe schon Projekte begleitet mit Menschen, die nichts hatten.

 

Ich würde gerne mal an Ihre Anfänge zurückgehen. Können Sie sich an ihr allererstes Projekt erinnern?
Als ich in Hamburg studiert habe, das war zur Zeit der Hausbesetzungen in der Hafenstrasse, da wurde in Hamburg die Stattbau gegründet. Ich war an der Uni im Fachbereich Sozialwissenschaften, und „Neue soziale Bewegungen“ war ein großes Thema und eben diese neuen Organisationsformen, die da entstanden. Also dieses: Wir wollen kein Eigentum haben, aber wir wollen die Verfügung darüber! Also sehr politisch.

Wann war das?
Das war in den 80ern, zweite Hälfte der 80er Jahre. Ich habe danach sehr viele Projekte, die damals entstanden sind, kennen gelernt und habe dann, erst mal bedingt durch mein Studium, aber auch aus Interesse, Vorträge über diese Projekte gehalten. Ich habe diese Gruppen besucht und Interviews mit ihnen gemacht, und es hat mich sehr interessiert, wie die überhaupt ticken. Und dann fand ich sehr interessant, dass man in einem konkreten Zusammenhang arbeitet, aber schon in einer Größe, dass man sowohl eine ökologische als auch eine städtebauliche Auswirkung hat. Als ich dann hier ins Bergische kam, hatte ich schon viele Kontakte nach Köln. Auch da gab es eine ausgeprägte Szene aus den nach-68er-Besetzungen und einige Projekte, deren Akteure ich kennen gelernt habe. Aus den Vorträgen sind dann erste Beratungen entstanden. Damals arbeitete ich noch in anderen Bereichen als Angestellte. Ich müsste mich mal richtig erinnern, welches mein allererstes Projekt war, ich kann es nicht sagen. Vorträge habe ich schon relativ viele und früh gehalten, und die Beratungen waren anfangs oft punktuell. Eine ganze Projektentwicklung, das war zum Beispiel bei Philia in Köln, nach 2000. Davor, 1999, habe ich mich selbständig gemacht und meine Firma gegründet.

Was würden Sie sagen ist für das Gelingen eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts das Allerwichtigste?
Ich denke eine menschliche Atmosphäre der gegenseitigen Toleranz. Sich zuhören können und den Anderen wahrnehmen und Akzeptieren in seiner Art und Weise. Und eine Grundhaltung, dass ich meine Wünsche und Ideen einbringen kann und soll, und dass das auch wunderbar ist und vieles davon umgesetzt werden kann, aber dass ich bereit bin, mit Kompromissen zu leben.

Heißt das auch, dass Gruppen, wenn sie scheitern, genau daran scheitern, dass es nicht genug Toleranz gibt?
Ich habe nicht viele Projekte begleitet, die gescheitert sind. Ich erinnere mich an eines, wo man am Ende die Liegenschaft nicht bekommen hat. Aber intern war das Projekt eigentlich schon vorher gescheitert, als sie sich, kurz vorm Schwur sozusagen, kurz bevor sie den Notarvertrag unterschreiben sollten, verkracht haben.

Und das Finanzielle?
Ich würde mal sagen: Geld kann man auftreiben… man kann vieles möglich machen… ich habe schon Projekte begleitet mit Menschen, die nichts hatten, und je nachdem, wie ein Projekt ausgerichtet ist, kann man viel über Fördermittel machen. Natürlich kann ich nicht die Sterne vom Himmel holen, aber wenn eine Idee da ist und wenn das Soziale stimmt, dann findet man Wege zur Finanzierung, davon bin ich überzeugt.

Das hieße ja, dass es für Gruppen sinnvoll und wichtig ist, ins Soziale zu investieren, in Gemeinschaftsbildung, in Kommunikationsformen…
… ja, das lohnt sich. Und es ist auch die Chance, dass man diese Zeit, die einem ja unendlich lange vorkommen kann, wenn man so ein Projekt vor sich hat, wo man erst mal planen muss, wo man ausschreiben muss, wo man bauen muss, wenn man das alles zusammen nimmt sind es 2 bis 3 Jahre, also ab dem Zeitpunkt, zu dem bereits ein Grundstück da ist…

… und viele haben ja über lange Strecken noch gar kein Grundstück…
… ja, und es ist eine absolute Chance, diese Zeit zu nutzen, in der man diese Prozesse miteinander machen kann. Die Gruppen ziehen anders ein und haben eine andere Haus- und Lebensgemeinschaft, wenn sie dieses Miteinander durchlebt haben.

 


Ich habe noch kein Projekt erlebt, das einfach so ohne große Herausforderungen durchgelaufen ist.

 

Was sagen Sie zu dem Satz, den ich oft höre: Ach, die Gemeinschaft, das kommt von allein, wenn wir dann erst mal zusammen wohnen.
Ja, da ist natürlich etwas dran, weil diese Alltagsbegegnungen, dieses Alltägliche, nochmal eine ganz andere gemeinsame Ebene bedeutet. Während der Projektierung trifft man sich einen Abend in der Woche oder alle 14 Tage, und ab und zu unternimmt man einen Ausflug zusammen oder diese oder jene Aktivität, aber es hat auch immer etwas Geschäftiges. Während wenn man zusammen lebt, ganz stark dieses Miteinander und Nebeneinander stattfindet. Oft bleibt in diesen Phasen der Projektierung und des Bauens gar nicht die Zeit, weil alle ihre beruflichen, familiären und freundschaftlichen Einbindungen haben, und zusätzlich sehr viel von den Beteiligten an ehrenamtlicher Arbeit geleistet werden muss. Diese ganzen Treffen, die kann man natürlich sehr ausdehnen, was viele auch tun, und dann hier noch eine AG und dort noch ein Vorstandstreffen. Vieles ist tatsächlich notwendig, wenn man sich so organisiert, und es nimmt zusätzlich Zeit in Anspruch, so dass die Gemeinschaftsbildung in diesen Phasen teilweise sehr kurz kommt. Und deswegen ist es mir ganz wichtig, dass man frühzeitig bestimmte Umgangsformen miteinander festlegt und auch gerade in diesen Treffen praktiziert. Dass man sich wechselseitig ausreden lässt, dass Entscheidungen inhaltlich vorbereitet werden, dass Delegationen klappen, solche Dinge der Organisation aber auch des Miteinander-Umgehens und des Austausches.

Ich würde gern zum Schluss kommen. Wollen wir vorher vielleicht kurz gemeinsam überlegen, was noch für dieses Interview wichtig sein könnte?
Vielleicht noch etwas zu dem Aspekt, dass man heute ja viel Literatur findet und Information und viel Know-how und zu der Frage: Warum braucht man dann überhaupt noch eine Projektsteuerin oder eine Projektentwicklerin?

Das finde ich eine gute Frage, die ich selbst jetzt nicht so gestellt hätte, weil ich denke, dass die Begleitung durch einen Profi wichtig ist. Ich glaube nämlich, dass Information allein eben nicht der springende Punkt ist.
Oft ist es nicht unbedingt das punktuelle Wissen, sondern es ist mehr die Gesamtschau und den Überblick zu haben, die Erfahrung natürlich, die sich durch jedes Projekt ergänzt. Zu wissen wie die Abläufe sind, wie Abläufe sein können, was droht und was man verhindern muss, durch diese oder jene Maßnahme. Es ist auch ganz viel An-die-Hand-nehmen. Das klingt vielleicht etwas despektierlich, es sind ja alles gestandene Menschen, mit denen ich zu tun habe, aber es ist oft diese Ausstrahlung von: Ja! Wir machen das zusammen! Und diese Bestärkung und Vermittlung, dass auch Hürden zu überwinden sind, wenn man das in dieser Weise angeht und man die richtigen Schritte zusammen findet, um auch durch schwierige Zeiten zu kommen. Ich habe noch kein Projekt erlebt, das einfach so ohne große Herausforderungen durchgelaufen ist.
Ich habe manchmal den Eindruck und frage mich: Was habe ich denn jetzt beigetragen? Ich habe nur sortiert und kommentiert, was eigentlich schon da war. Aber das hätte eben jemand aus dem Gruppenzusammenhang so nicht leisten können.

Halten Sie immer noch Vorträge?
Ja, das muss dann aber schon etwas Spezielles sein. Meine letzten Vorträge habe ich auf Veranstaltungen für Kommunen gehalten, die in den Bereich einsteigen wollten und einen Überblick über bestehende Projekte und Herangehensweisen haben wollten.

Und was wäre für eine Projektgruppe sinnvoll? Haben Sie einen Workshop, den Sie als Einstieg anbieten?
Ja. Ich mache öfters Grundlagenworkshops. Das sind dann drei Themenblöcke mit jeweils zweimal eineinhalb Stunden. Schwerpunkte sind häufig die interne Konzeptentwicklung, Finanzierungsbausteine und geeignete Trägerformen. Meistens wird von den Gruppen schon mit bestimmten Anforderungen oder Fragestellungen angefragt, die eben genannten Themen sind aber fast immer dabei.

Schön, Sie kennen gelernt zu haben. Danke für das Gespräch.

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